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Ein Risiko, das sich lohnt: Die Wahrheit sagen

25. Frauenwallfahrt des Bistums Magdeburg im Kloster Helfta

„Die Wahrheit sagen, nur Mut“, ermutigte Prof. Dr. Hildegund Keul die Teilnehmerinnen der 25. Frauenwallfahrt des Bistums Magdeburg in ihrem ergreifenden Eröffnungsvortrag. 500 Frauen waren gekommen, um am Ort der Mystikerin Mechthild von Magdeburg im Kloster Helfta die Kraft der Gemeinschaft zu spüren und sich unter dem Motto Mechthilds „Die Wahrheit kann niemand verbrennen“ zu stärken. Einige Teilnehmerinnen waren tatsächlich bei allen 25 Wallfahrten dabei, manche kamen zum 1. Mal.

Die Wahrheit zu sagen, sei eigentlich ein Kinderspiel, so Keul, aber in der Welt der Politik, der Kirche, in persönlichen Beziehungen werde es oft schwierig. „Wenn Sie in der DDR geboren wurden, dann können Sie gut nachvollziehen, wie es ist, in einem System zu leben, in dem die Wahrheit nicht gefragt ist.“ An vielen Orten der Welt sei es immer noch gefährlich, wie damals auch für Mechthild von Magdeburg, die Wahrheit zu sagen und sich gegen die Lügen zu wehren. Das kann das Leben kosten. Wo Lüge und Vertuschung herrschen werde Wahrheit zum Wagnis.

Aber, so Keul, so ein Wagnis lohne sich. „Denn wir glauben nicht an einen Gott, der sich für unverwundbar hält.“ „Wir sollten uns vielmehr trauen, die Wahrheit auszusprechen. Wenn ein Politiker sagt, man müsse heute wieder das Soziale und das Nationale miteinander versöhnen, so steuert seine Politik auf den Nationalsozialismus zu. Kein Politiker sagt einen solchen Satz aus Naivität. Er sagt es, weil er sich genau von dieser Aussage Wählerstimmen erhofft. Das aber bedeutet, dass er mit dem Rechtsradikalismus liebäugelt und zu Kompromissen bereit ist, die die Grenzen des Menschlichen, des Humanen, überschreiten.“

Oft schwiegen wir, weil die Wahrheit auszusprechen verwundbar mache. Aber dieses Risiko lohne sich, auch um dem Dienst des Lebens willen. „Die Erfahrung der Mystik gibt Kraft und Mut! Lebendigkeit fließt den Menschen dort zu, wo sie sich in den Dienst des Lebens stellen und der Lüge widerstehen und die Wahrheit sagen.

Als Mitstreiterin der „Voices of Faith“ (Stimmen des Glaubens) wünscht sich Keul auch starke Frauen, die den Mut haben, das Schweigen zu brechen (overcoming silence) und aussprechen, warum es wichtig sei, dass Frauen in der Kirche mehr zu sagen haben.

„Die Wahrheit hat ihre eigene Kraft“, so Keul. „Sie öffnet uns die Augen und kann überzeugen.“ Allerdings mache auch der Ton die Musik. Wahrheit sagen, „vielleicht behutsam, vielleicht offen heraus, so wie es ihre Art ist. Die verschwiegene, vertuschte Wahrheit wird uns freimachen, wenn wir es riskieren, sie auszusprechen.“

In den sich anschließenden Workshops diskutierten die Frauen unter anderem auch über die „Kraft für den täglichen Aufstand… woher ich sie nehme“ unter der Leitung von Maria Faber. Die Menschenrechtspreisträgerin Stella Matutina aus den Philippinen und mit ihr Prof. Dr. Hildegund Keul, Christine Böckmann als Trainerin für gewaltfreie Konfliktaustragung und Daniela Suchantke vom Landesfrauenrat bestärkten die Teilnehmerinnen, sich für andere und wichtige Thenem einzusetzen. „Die Kraft zum Weitermachen komme von den Mitstreitern und den Menschen, für die sie sich einsetzen.“

Im Kalligraphie-Workshop hatten die Frauen die Möglichkeit, ihr persönliches Wahrheitswort zu schreiben oder bei Gesprächen mit Seelsorgern über Gott und die Welt ins Gespräch zu kommen.

Zum Abschluss der Frauenwallfahrt feierten die Teilnehmerinnen mit Bischof Dr. Gerhard Feige einen feierlichen Abschlussgottesdienst. In seiner Predigt, die er gemeinsam mit der Leiterin der Pastoralabteilung, Dr. Friederike Maier hielt betonte der Bischof, dass die Liebe der Frauen zu Jesu nicht ins Leer lief. „Jesus bleibt mit ihnen in Beziehung, anders als vorher, aber nicht weniger wirklich. Maria von Magdala, Johanna, Maria, die Mutter der Jakobus und noch weitere Frauen ahnen, dass sie nun endgültig der Wahrheit ihres Lebens auf die Spur gekommen sind. Dass sie mit dem Geheimnis Gottes in Berührung gekommen sind. Das können sie unmöglich für sich behalten. Das müssen sie den Aposteln erzählen, die sich noch in ihrer Trauer verschanzt hatten.“ Wie der Evangelist Lukas berichtet, hielten die Jünger das Gerede der Frauen aber für Geschwätz.

„Und diese Missachtung der Gotteserfahrungen, die Frauen gemacht haben und machen, zieht sich weiter durch die Geschichte der Kirche. Obwohl sich alle Evangelisten darin einig sind, dass Frauen die ersten Zeugen der Auferstehung waren, hatte das kaum Konsequenzen. In den ersten Jahrhunderten galt Maria von Magdala zwar noch als „Apostelin der Apostel“ (Augustinus), doch dies ist immer mehr in den Hintergrund getreten und erst vor einiger Zeit von Papst Franziskus wieder öffentlich ins Bewusstsein gehoben worden. Jahrhundertelang hat so manche Frau verinnerlicht, was der heilige Paulus seiner Gemeinde in Korinth eingeschärft hat: Die Frauen sollen „in den Versammlungen schweigen; es ist ihnen nicht gestattet zu reden: Sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt. Wenn sie etwas lernen wollen, dann sollen sie zu Hause ihre Männer fragen; denn es gehört sich nicht für eine Frau, in der Versammlung zu reden“ (1 Kor 14, 33-36).“ Hier gab es großes Gelächter der Zuhörerinnen.

Dr. Maier sagte: „Auch Frauen in unserer Gegenwart haben Weisheit und Mut. Sie bringen ihre Einsichten, ihre Begabungen, ihre Gotteserkenntnis, ihre Liebe zum Nächsten, ihre Intelligenz, ihre Lebenswahrheit in die Gesellschaft und die Kirche ein. Ein Schmerz bei vielen ist, dass dies nicht in allen Dimensionen katholischen Lebens möglich ist. An entscheidenden Stellen sind Frauen oft noch „außen vor“. Ein Zugang von Frauen zum Weiheamt scheint in der katholischen Kirche nicht möglich zu sein.“

Zum Abschluss der Predigt schlug Bischof Feige noch einen Bogen zum anstehenden 25. Geburtstag des Bistums: „Ich bin dankbar, dass es in der Geschichte der Kirche von Anfang an immer Frauen gab und gibt, die der Stimme ihres Gewissens gefolgt sind und so etwas wie Gottes Kritik an den Missständen ihrer Zeit sind. Das heutige Fest erinnert an all diese Zeuginnen: von den Frauen am Ostermorgen über die Mystikerinnen von Helfta bis hin zu den Frauen unseres Bistums, die sich mit ihrem Glauben und mit ihrer Erfahrung bei der Gründung unseres Bistums eingebracht haben. Das heutige Fest will uns auch alle dazu ermutigen, in der Begegnung mit dem lebendigen Gott der Wahrheit unseres Lebens auf die Spur zu kommen und zu versuchen, gegen alle Widerstände dafür einzutreten.“

Dankbar zeigte sich der Bischof und mit ihm zahlreiche Frauen für die gelungene Organisation unter der Leitung von Referentin Bettina Albrecht.

Predigt zur Frauenwallfahrt Bischof Dr. Gerhard Feige und Dr. Friederike Maier

(sus/Sperling)

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