sich jenseits der ehemaligen Grenze anschließende Gebiet. Und so führ- te mich meine Route von Salzwedel aus über Lüneburg, Lübeck, Celle, Verden (Salzwedel hat einmal zu diesem Bistum gehört), Hildesheim, Paderborn und Goslar. Dabei kam ich mal in einem Pfarrhaus, dann bei einer Familie, die mit der Salzwedler Gemeinde in Kontakt steht, und schließlich bei einem Freund unter. Diese Tage waren für mich eine wohltuende Abwechslung. Da ich zwar in Thüringen lebe, aber aus bestimmten Gründen meinen Hauptwohnsitz den Papieren nach noch in Sachsen-Anhalt habe, brach- ten die 4 Wahlen dieses Jahres jeweils auch einen kurzen Abstecher nach Halle mit sich. Es waren schon bewegende Ereignisse, zumal, wenn man bedenkt, daß es auch für die Generation meiner Mutter und meiner Tante die ersten freien Wahlen ihres Le bens gewesen sind. Besonde- re Freude hat mir bereitet, wie viele Christen sich zur Wahl gestellt oder in den Wahlvorständen engagiert haben; vielerorts konnte man auf gute Bekannte stoßen, auch unsere Haushälterin hat dreimal einem Wahlvorstand angehört. Viermal in einem Jahr zu wählen, hat aber auch müde gemacht. Der Erwartungsdruck an die Politiker ist hoch, und die Probleme, die überall offenbar werden oder neu hinzukommen, können nicht in einem Handstreich gelöst werden. Nur wenige werden sich ernsthaft nach den alten Zuständen zurück- sehnen, und doch haben vielfältig um sich greifende Verunsicherungen dazu geführt, daß mancher, der sich zunächst über den Zusammenbruch des alten Systems und über die errungene Freiheit gefreut hat, inzwi- schen etwas sorgenvoll in die Zukunft schaut. Wenn ich auch, was mei- ne Situation betrifft, keinen Grund habe, zu klagen und pessimistisch zu sein, so kann ich doch aufgrund einiger persönlicher Erfahrungen der letzten Zeit verstehen, wenn sich bei manchen Aggressionen anstauen. Ich möchte hier kein düsteres Bild entwerfen, meine aber doch, den Ver- wandten und Freunden außerhalb der sogenannten neuen Bundeslän- der unsere gegenwärtige Situation anhand einiger konkreter Beispiele verdeutlichen zu müssen. Einerseits geht es zur Zeit schon in manchen Dingen richtig "westlich" zu, andererseits chaotischer als zuvor, und vielfach ist man als Einzelner genauso machtlos wie eh und je, weil die entsprechenden Probleme umbruchs- oder systembedingt sind. Nun aber einige persönliche Erfahrungen: 39