Strukturwandel Brauchen wir noch die Kirche im Dorf?
Was, wenn die Priester zu wenige werden? Die Gläubigen auch? Das Geld sowieso… Wie kann Kirche sich neu organisieren? Und wieviel Struktur ist überhaupt nötig, wenn es um das Evangelium geht? Darum ging es am Freitag in einer Podiumsdiskussion beim Katholikentag in Erfurt.
Erscheinungsdatum: 1. Juni 2024
„Am liebsten würde ich einfach nur mit anderen Christen zusammen sein und meinen Glauben leben.“ So habe sie vor zwanzig Jahren während ihres Theologiestudiums gedacht, erzählt Prof. Dr. Katharina Karl zum Einstieg in die Podiumsdiskussion zum Thema „Heil durch (neue) Strukturen?“.
Es ist der Freitag des Katholikentages. Die Erfurter Reglerkirche ist voll besetzt, obwohl zeitgleich hochrangige Politiker an anderen Orten der Stadt ebenfalls diskutieren. „Ich habe aber erkannt, dass gewisse Strukturen wichtig sind“, sagt die Professorin. Nur eben nicht als Selbstzweck, sondern zur Ermöglichung der Seelsorge.
Das Thema „Strukturwandel“ zieht viele Besucher in die Kirche. Betroffen sind irgendwie alle. Das Magdeburger Bistum schon lange: Im Wandel von der DDR-Diaspora zur Minderheiten-Situation in einer pluralistischen freien Gesellschaft, erzählt Bischof Dr. Gerhard Feige. Riesen-Fläche, wenig Katholiken. 74.000. Und es werden immer weniger. Da ist Wandel an der Tagesordnung.
Schöpferische Minderheit
Feige berichtet vom Pastoralen Zukunftsgespräch von 2000 bis 2004. Von neuen inhaltlichen Visionen, neuen Pfarrei-Strukturen in der Folge und den Herausforderungen in den neuen Pastoralregionen: Immer weniger kanonische Pfarrer, mehr ehrenamtliche Leitungsteams. „Wir brauchen engagierte Christen vor Ort, mit Mut und Fantasie“, sagt er. „Wir verstehen uns als schöpferische Minderheit in ökumenischem Geist und im Austausch mit anderen.“ Schon oft hat er diesen Satz gesagt in den vergangenen Jahren. Er bleibt aktuell.
Ökumene ist das Stichwort. „Wir gewinnen gemeinsam. Wir verlieren gemeinsam“, sagt die evangelische Theologin Dr. Friederike Erichsen-Wendt. Am Ende seien wir Christen und die Frage sei, wo Menschen mit dem Glauben überhaupt noch in Kontakt kämen und wie man sie erreichen könne.
Glaube ist an vielen Orten erfahrbar
Darauf geht auch der Strukturwandel-Beauftragte des Bistums Münster, Daniel Gewand, ein. „Es gibt viele Sozialformen, in denen Christen ihren Glauben erfahrbar machen können: Schule, Kita, Krankenhaus, Caritas, Gemeinde. Stichwort Gemeinde: „Die Gemeinde vor Ort spielt laut Kirchenmitgliedschafts-Untersuchung (KMU) immer noch eine wichtige Rolle“, betont Moderator Dr. Jan Loffeld. „Da müssen wir den Wandel behutsam begleiten“, sagt Bischof Feige. Auch der Abschied von den Kirchengebäuden – weil es einige gibt, die nicht mehr finanziert werden können – sei in den Gemeinden ein schmerzhafter Prozess. „Hier leisten wir eine Art Trauerbegleitung im Abschied von den Kirchen“, so der Bischof.
Und die wenigen verbleibenden Priester? Sie hätten eine klare Aufgabe, so Feige mit Bezug auf den Theologen Karl Rahner: „Wir brauchen Diener, nicht Herren. Wir brauchen Geistliche, nicht Funktionäre. Wir brauchen Wegbereiter, nicht Nachlass-Verwalter.“ Amen.
Quelle: Bistum Magdeburg, Pressestelle, presse@bistum-magdeburg.de, 0391-5961134