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Osterpredigt von Bischof FeigeOstern ist Gegenteil von dem, was Populisten predigen
Bischof Gerhard Feige warnt vor der Illusion einfacher Lösungen und ruft zu einem beziehungsreichen Leben auf. Die Osterbotschaft richte sich gerade gegen Angst und Abschottung, sondern stehe für Hoffnung.
Erscheinungsdatum: 19. April 2025
Die Osterbotschaft ist nach Ansicht von Bischof Gerhard Feige genau das Gegenteil von dem, was Populisten gegenwärtig predigen. „Was wirklich trägt, was Halt gibt und Zukunft eröffnet, findet sich nicht in einfachen Antworten und schnellen Lösungen“, erklärte er in seinem Osterwort im Rahmen eines Orcheser-Gottesdienstes in St. Sebastian, Magdeburg, am Ostersonntag. „Was wir an Ostern feiern, ist ein Bekenntnis und ein Aufruf zum Leben - zu einem Leben in Fülle. Ein solches Leben gestaltet sich aber nicht in Abschottung und Ausgrenzung, sondern ist dort, wo es Bewegung gibt, Aufbruch und Begegnung.“
Leben bringt immer Veränderung
Feige betonte: „Liebgewonnenes kann nicht konserviert werden, wie es uns manche weismachen wollen oder nachdrücklich fordern. Leben bringt immer wieder Veränderungen. Ja, und das kann verunsichern. Wir können dem aber auch hoffnungsvoll und mit Zuversicht entgegenblicken.“ Dazu lade die christliche Botschaft von Ostern ein: „Die lähmende Angst und der Tod sind überwunden; sie haben nicht das letzte Wort. Das Ja zum Leben ist stärker als die Angst.“ Ostern sei eine freudige Verheißung und ein kraftvoller Impuls zu einem beziehungsreichen Leben, zu Mut, Vertrauen und Zuversicht.
„Lassen wir uns also angesichts der Nöte unserer Zeit nicht lähmen, sondern trauen wir der Botschaft vom Leben“, ermutigte der Bischof. Die Aussicht darauf, auch beim eigenen Sterben nicht sang- und klanglos im Nichts zu enden, sondern in Gottes Ewigkeit persönlich und gemeinschaftlich eine Zukunft zu haben, entkrampfe, befreie und beflügele. Wer daran glauben könne, „wird sich nicht ins private Abseits flüchten oder drängen lassen, sondern vielmehr versuchen, das menschliche Zusammenleben und die Gesellschaft kreativ mitzugestalten.“ (kna)
„Vertrauen, Mut und Zuversicht“
Predigt von Bischof Gerhard Feige am Ostersonntag 2025
(Apg 10, 34a.37-43 / Kol 3, 1-4 / Joh 20, 1-18)
„Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war.“ Das ist die Perspektive, aus der uns der Evangelist Johannes im heutigen Text den Ostermorgen erleben lässt. Die ersten Auswirkungen der Auferstehung Jesu erscheinen alles anderes als tröstlich. Der Stein ist weg. Das Grab ist leer. Maria ist verunsichert und weint. Ähnlich ergeht es – wie im Neuen Testament vielfältig bezeugt – auch allen anderen, die mit diesem Ereignis konfrontiert werden. Angst und Schrecken machen sich breit. Von Hoffnung und Zuversicht kann zunächst keine Rede sein. Gegenwart und Zukunft stehen in Frage. Wie soll es nur weitergehen?
Ist ein solches Gefühl uns nicht auch heute sehr vertraut? Mehr als noch vor einigen Jahren sorgen sich viele Menschen angesichts der zunehmenden Erschütterungen und Turbulenzen in fast allen Bereichen unseres Lebens um die weitere Entwicklung: um Krieg und Frieden, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, Anstand und Würde, soziale Absicherung und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Zwar gab es früher auch genügend Probleme, aber nun scheint vieles aus dem Ruder zu laufen und uns maßlos zu überfordern. Die Verunsicherungen sind groß und überall zu spüren.
In dieser Situation haben es Populisten leicht, die Stimmung noch mehr anzuheizen und Menschen aufzuhetzen. Das ist sogar ihre Strategie. Mit Begriffen und Parolen wie „Sozialtourismus“, „Deutschland schafft sich ab“ und „Untergang des Abendlandes“ oder „Meinungsdiktatur“, „Explosion der Kriminalität“ und „schwerste Wirtschaftskrise“, knüpfen sie an die Ängste vieler an und verstärken diese noch. „Ja“, – so wollen sie uns glauben lassen – „eure Angst ist berechtigt, Gegenwart und Zukunft sehen düster aus. Nur wir können euch daraus noch erretten.“ Dass verunsicherte Menschen oftmals dazu neigen, für einfache Antworten empfänglich zu sein, hat uns die Geschichte überdeutlich gezeigt. Das erleben wir auch in der Gegenwart, in der auf eine eigentlich komplexe und komplizierte Wirklichkeit immer mehr mit ideologischen Floskeln, mit Abschottung und Nationalismus sowie Abschiebungen und Zöllen reagiert wird.
Demgegenüber ist das, was wir in diesen Tagen feiern, keine einfache Antwort auf das Leben in all seiner Vielschichtigkeit. Ostern ist eine Zumutung, zumal dazu der Karfreitag und der Karsamstag gehören. Wenn schon für uns die Erzählungen der Passionsgeschichte kaum auszuhalten sind, wie muss es erst für Maria und die Jüngerinnen und Jünger gewesen sein, die bis zur letzten Minute am Kreuz ausgeharrt haben, oder für diejenigen, denen im Moment des Todes Jesu die Augen ausgingen? Und dann ist das Grab leer, und Maria von Mágdala, die mit Jesus so lan-ge unterwegs war, erkennt ihn nicht mehr wieder.
Nein, die christliche Botschaft hält keine einfachen Antworten für uns bereit. Und sie bügelt die Zumutungen des Lebens auch nicht einfach glatt. Im Gegenteil. In den Schriften des Alten und Neuen Testaments begegnet uns das Leben in all seinen Facetten und auch jeder denkbare menschliche Tiefpunkt. Damit soll aber nicht Angst geschürt, sondern vielmehr Vertrauen darauf geweckt werden, dass jeder Mensch von Gott bedingungslos geliebt wird, eine unverlierbare Würde hat und auf eine nie endende Zukunft hoffen darf. Davon motiviert und bestärkt durch die Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi könnten und sollten auch wir nicht zu Unheilspropheten werden und Untergänge heraufbeschwören, sondern den vielfältigen Nöten und Ängsten unserer Zeit Mut und Zuversicht entgegensetzen. Schließlich braucht die Welt – wie es die Würzburger Synode 1975 treffend zum Ausdruck gebracht hat – „keine Verdopplung ihrer Hoffnungslosigkeit durch Religion; sie braucht und sucht (wenn überhaupt) das Gegengewicht, die Sprengkraft gelebter Hoffnung. Und was wir ihr schulden, ist dies: das Defizit an anschaulich gelebter Hoffnung auszugleichen“.
Was wir an Ostern feiern, ist ein Bekenntnis und ein Aufruf zum Leben – zu einem Leben in Fülle. Ein solches Leben gestaltet sich aber nicht in Abschottung und Ausgrenzung, sondern ist dort, wo es Bewegung gibt, Aufbruch und Begegnung. Auch davon hat das heutige Evangelium einiges zu berichten. Da heißt es ja: Maria von Mágdala kommt zum Grab, sie läuft zu den Jüngern, und auch die Jünger laufen zum Grab, sie beugen sich vor und schauen genauer hin und kehren schließ-lich nach Hause zurück. Sie sind in Bewegung und in Begegnung: Maria wendet sich zu Jesus um und wird von ihm dazu aufgefordert, zu gehen und die Botschaft von seiner Auferstehung weiterzusagen. Darin steckt eine unheimliche Dynamik, die auch durch Maria nicht aufgehalten werden kann. „Halte mich nicht fest,“ sagt Jesus zu ihr. Leben ist Bewegung. Liebgewonnenes kann nicht konserviert werden, wie es uns manche weismachen wollen oder nachdrücklich fordern. Leben bringt immer wieder Veränderungen. Ja, und das kann verunsichern. Wir können dem aber auch hoffnungsvoll und mit Zuversicht entgegenblicken – dazu lädt uns die Botschaft von Ostern ein: Die lähmende Angst und der Tod sind überwunden; sie haben nicht das letzte Wort. Das Ja zum Leben ist stärker als die Angst.
Vertrauen, Mut und Zuversicht aber wachsen langsam und brauchen Zeit. Mehrmals erscheint der Auferstandene seinen Jüngern und Jüngerinnen. Er geht auch mit zweien von ihnen den Weg nach Emmaus und gibt sich dort im Brechen des Brotes noch einmal zu erkennen. Was wirklich trägt, was Halt gibt und Zukunft eröffnet, findet sich also nicht in einfachen Antworten und schnellen Lösungen. So ereignet sich Ostern auch nicht nur an einem Tag. Wir feiern dieses Geheimnis 50 Tage hindurch über Christi Himmelfahrt bis zu Pfingsten. Und schließlich wird jeder Sonntag als ein kleines Osterfest verstanden, lädt uns die Kirche ein, das ganze Jahr über dem Geheimnis von Tod und Auferstehung ein Stück näherzukommen und in die Hoffnung, die Ostern schenkt, hineinzuwachsen.
„Geh aber zu meinen Brüdern und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.“ Das trägt der Auferstandene Maria auf. Geh und erzähle es weiter, verkünde die Osterbotschaft, die der Verunsi-cherung und Angst eine andere, eine hoffnungsvolle Perspektive entgegenhalten kann.
Lassen wir uns also angesichts der Nöte unserer Zeit nicht lähmen, sondern trauen wir der Botschaft vom Leben, das uns schon jetzt zugesagt ist und einst vollendet werden soll. Die Aussicht darauf, auch beim eigenen Sterben nicht sang- und klanglos im Nichts zu enden, sondern in Gottes Ewigkeit persönlich und gemeinschaftlich eine Zukunft zu haben, entkrampft, befreit und beflügelt. Wer daran glauben kann, wird sich nicht ins private Abseits flüchten oder drängen lassen, sondern vielmehr versuchen, das menschliche Zusammenleben und die Gesellschaft krea-tiv mitzugestalten. In diesem Sinn ist Ostern eine freudige Verheißung und ein kraftvoller Impuls zu einem beziehungsreichen Leben, zu Mut, Vertrauen und Zuversicht. Darum lasst uns – wie Maria von Magdala von diesem Geheimnis berührt und erfüllt – voller Freude bekennen und in den Osterjubel der Kirche auf der ganzen Welt einstimmen: „Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden, Halleluja!“
Predigt von Bischof Gerhard Feige als PDF
Video der Predigt von Bischof Feige (Youtube)
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Predigt von Bischof Feige als PDF - Polnische Version (KI-generiert)
Quelle: kna; Bistum Magdeburg, Pressestelle, presse@bistum-magdeburg.de, 0391-5961134







