Vom Konflikt zur Gemeinschaft
Bischof predigte am Reformationstag in der evangelischen Schlosskapelle Torgau
Am Reformationstag hat Bischof Gerhard Feige die ökumenische Versöhnungsgeschichte gewürdigt. „Zur Heilung unserer Erinnerungen an Trennung und Spaltung gehört immer auch das dankbare Gedenken, das gegen unsere ökumenische Vergesslichkeit jeweils neu an den Anfang und Ursprung kirchlicher Einheit erinnert“, sagte Feige als Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz bei seiner Predigt in der evangelischen Schlosskapelle in Torgau.
Die „Trennungsgeschichte“, die in der an diesem Wochenende zu Ende gehenden Torgauer Ausstellung „Luther und die Fürsten“ vor Augen geführt wurde, gehöre hoffentlich endgültig der Vergangenheit an: „Wir können Vergangenes nicht einfach verdrängen, doch wir dürfen unser Gedächtnis reinigen und unsere Erinnerungen heilen lassen. Wir können die oft so schmerzvolle Trennungsgeschichte, die dem eigentlichen Anliegen der notwendigen Reform an Haupt und Gliedern zuwider gelaufen ist, nicht rückgängig machen, aber wir können aus ihren Fehlern lernen“, so Bischof Feige. „Wie sehr haben wir uns doch jahrhundertelang gegeneinander abgegrenzt, im Widerspruch zueinander profiliert oder einander misstraut, verdächtigt und bekämpft“, so Bischof Feige.
Das Gemeinsame zu stärken, sei nicht nur die Aufgabe ökumenischer Spezialisten, betonte Bischof Feige. „Den Weg vom Konflikt zur Gemeinschaft zu gehen ist uns allen aufgetragen. Durch die Taufe sind wir in die Gemeinschaft aller Getauften eingefügt. Die Taufe ist das Sakrament der Einheit. Es fügt uns ein in die Lebensgemeinschaft mit dem einen dreifaltigen Gott und verbindet uns zur Weggemeinschaft des einen wandernden Gottesvolkes. Wer getauft ist, bleibt also nicht für sich, sondern hat eine einzigartige Berufung zur Einheit empfangen.“
Bischof Feige zitierte in Torgau aus Martin Luthers ‚Kleinem Katechismus‘: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiligt und bei Jesus Christus erhält im rechten, einigen Glauben.“ Wer auf dieser Grundlage „in den Chor der Glaubenden miteinstimmt, dessen Leben wird stimmig. Das mag Verstimmungen nicht ausschließen und zu bestimmten Zeiten auch ein Nachstimmen nötig werden lassen, damit Herz und Mund wieder zusammenstimmen“, so Bischof Feige. „Gottes Geist schafft unsere Einheit und wirkt zugleich die Vielfalt in dieser Einheit. Auch hier und jetzt in diesem Gottesdienst sind und bleiben wir nicht unter uns; wir beten, singen, bekennen und feiern in der geistgewirkten Gemeinschaft aller Getauften. Da weiten sich die Kirchenmauern und die Kirchengrenzen.“
Bischof Feige dankte für die Möglichkeit, am Reformationstag den Predigtdienst in einer evangelischen Kirche zu übernehmen. „Ich hoffe, dass es auch einmal ein ökumenisches ‚morgen‘ geben wird, an dem ein evangelischer Bischof zu Allerheiligen predigt. Könnte dies nicht ein ökumenisches Zeichen der Zukunft sein, mit dem wir zeigen, dass wir uns miteinander verbunden wissen in der Gemeinschaft der Heiligen, die aus allen Kirchen kommen und nach ihrem irdischen Pilgerweg in die Gemeinschaft mit dem auferstandenen Herrn aufgenommen sind?“