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Erste Zertifikate für die Ausbildung zum Flüchtlingsseelsorger überreicht
Der Rock dunkel, das Kopftuch beige, die Augen blau: Aufmerksam sitzt Christina Hanani auf ihrem Plastikstuhl. Sie sieht in die Runde und sagt mit fester Stimme: „Ich besuche diesen Kurs, weil ich vor allem eins will - die Seele der Flüchtlinge stärken. Es reicht mir nicht, zu sagen, das ist aber schlimm, was Dir passiert ist.“
Die 28-jährige aus Sachsen-Anhalt ist eine von 15 Teilnehmern an der Weiterbildung zum Flüchtlingsseelsorger im Bistum Magdeburg - eine Kooperation zwischen Bistum, Katholischer Erwachsenenbildung (KEB), Caritasverband und Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA). Am Montag erhielten die ersten 32 Absolventen ihr Zertifikat aus den Händen der Landesintegrationsbeauftragten Susi Möbbeck sowie Generalvikar Raimund Sternal.
Der Kurs ist kostenlos - sechs Module, Übernachtung und Verpflegung inklusive, 15 Personen können jeweils teilnehmen. Die Nachfrage sei „riesig“, sagt KEB-Geschäftsführer Ludger Nagel, das Angebot bundesweit seines Wissens einmalig. „Der Kurs läuft bereits im zweiten Durchgang und war beide Male sofort ausgebucht.“ Es gab an die 100 Bewerbungen. Interessiert sind ehren- sowie hauptamtliche Flüchtlingshelfer, Männer und Frauen zwischen Anfang 20 und Mitte 70, Christen, Konfessionslose, Juden und Muslime. Geplant ist, das Angebot aufgrund der hohen Nachfrage im Herbst fortzuführen.
„Es gibt eine starke Hilfsbereitschaft in allen Teilen der Bevölkerung, aber auch Ressentiments und diffuse Ängste“, beschreibt Nagel die Stimmung in der ostdeutschen Region. Mittlerweile „merkt man auch am Straßenbild, dass jetzt andere Nationen hier leben. Unser Kurs soll deshalb die stärken, die bereit sind, Flüchtlinge zu unterstützen.“
Bei der Weiterbildung geht es um psychosoziale Beratung, um rechtliche Fragen sowie interkulturelles Kompetenztraining. Aber auch um Krisenmanagement - wie etwa den Umgang mit Aggressionen oder Ankündigung eines Suizids - und um „Aufmerksamkeit für das Religiöse“. Dies sollen ein katholischer Pater und Vertreter jüdischen und muslimischen Glaubens vermitteln.
Hanani kennt sich mit verschiedenen Religionen aus eigener Erfahrung aus. Die junge Frau war Christin, konvertierte aber zum Islam, als sie heiratete. „Aber irgendwie bin ich immer noch beides“, sagt die junge Mutter, die ehrenamtlich mit Flüchtlingen in Halberstadt arbeitet. Sie hat in Palästina studiert und spricht deshalb Arabisch - in der Flüchtlingsarbeit eine wichtige Fähigkeit.
Trotzdem hat sie den Eindruck, dass Sprachkenntnisse allein nicht genügen, um zu helfen. „Die Männer nicken immer, so, als hätten sie alles verstanden, was ich erkläre“, sagt Hanani. „Bis die Frauen dazwischen fahren und zugeben, dass noch gar nichts klar ist.“ Die Unsicherheit bei den Teilnehmern des Kurses ist groß; sie wollen einfach alles richtig machen. „Ich kann doch nicht einfach über Banalitäten sprechen, wenn diese Menschen so Furchtbares erlebt haben“, sagt etwa eine junge Frau aus Magdeburg.
Tobias Drehsen vom psychosozialen Zentrum der Landeshauptstadt weiß um die typischen Probleme der Helfer. Er macht den Kursteilnehmern klar, dass sie den traumatisierten Menschen helfen können - auch wenn sie keine Psychotherapeuten sind und die Sprache der Flüchtlinge nicht sprechen. Vertrauen könne man auch über eine beruhigende Stimme und freundliche Mimik vermitteln.
„Es gibt ein großes Bedürfnis bei den Flüchtlingen nach einfachem Zuhören“, sagt er. „Auch soziale, menschliche Unterstützung kann heilsam sein.“ Direkt auf ihre Erlebnisse ansprechen solle man die Menschen allerdings nicht, sagt Drehsen. „Aber man sollte ihnen die Möglichkeit geben, sich zu öffnen - sich also auch unter Zeitdruck Zeit nehmen.“ Drehsen betont, dass es bei allem Negativen auch darum geht, „nach positiven Dingen im Leben der Flüchtlinge zu fahnden.“ Und man sollte ihnen signalisieren, dass man „die Kraft zu würdigen weiß, die sie mit ihrer Flucht geleistet haben.“ || Nina Schmedding | kna