Vom Ölwunder in unruhigen Zeiten
Chanukka-Fest der jüdischen Gemeinde im Hundertwasserhaus
Mehr Menschen als erwarten trafen sich im Innenhof des Hundertwasserhauses zum Chanukka-Fest der jüdischen Gemeinde Magdeburg, um symbolisch eine Kerze an der Chanukkia, einem neunarmigen Leuchter, anzuzünden. Das freute den Vorsitzenden der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg, Wadim Laiter , der unter den Gästen auch Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch, Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff, Landesbischof Friedrich Kramer und Bischof Dr. Gerhard Feige begrüßte.
Nach den schrecklichen Anschlägen vom 9. Oktober in Halle wollten die Besucher ihre besondere Solidarität zum Ausdruck bringen. Auch der geplante Neubau einer Synagoge in Magdeburg war Grund zur Freude. 2021 soll nahe der alten Synagoge, die 1938 von den Nationalsozialisten zerstört wurde, mit dem Bau begonnen werden.
Aber was bedeutet das Chanukka-Fest eigentlich?
Übersetzt bedeutet Chanukka so viel wie "Einweihung" und bezieht sich hier konkret auf die Wiedereinweihung des Jerusalemer Tempels 165 vor unserer Zeitrechnung. Dem vorausgegangen war eine komplexe politische Gemengelage: Die Seleukiden, Nachfolger Alexanders des Großen, kontrollierten große Teile des Nahen Ostens. In der jüdischen Führungsschicht befürworteten viele Reformer eine religiös-kulturelle Assimilation an die hellenistische Kolonialmacht und unterdrückten gewaltsam das traditionelle Judentum. Es entstand ein blutiger Bürgerkrieg, in dem die Seleukiden auf Seiten der Reformer kämpften. Den aufständischen Makkabäern gelang es schließlich, den Jerusalemer Tempel zurückzuerobern.
Chanukka entstand also in einem kriegerischen Kontext und war zunächst mit Dankgebeten für die politische Unabhängigkeit verbunden. Dies änderte sich unter der römischen Besatzung, als allmählich die Erzählung des Ölwunders in den Mittelpunkt rückte: Nach der Rückeroberung des Tempels wollten die Makkabäer den Kult wieder aufnehmen und den siebenarmige Leuchter, die Menora, wieder entzünden. Das vorhandene kultisch reine Öl reichte jedoch nur für einen Tag. Im Vertrauen auf den Herrn wurde die Menora dennoch entzündet – und brannte wunderbarerweise volle acht Tage, bis neues reines Öl verfügbar war.
Während Katholiken diese Erzählung sogar in der Bibel finden können – im Ersten Buch der Makkabäer –, ist sie nicht Teil der heiligen jüdischen Schriften. Daher zählt Chanukka auch "nur" zu den kleineren jüdischen Festen und verpflichtet nicht zur Arbeitsruhe. Jeden Abend wird zuhause unter Segenssprüchen an der Chanukkia, einem neunarmigen Leuchter, jeweils eine Kerze angezündet bis schließlich acht Lichter brennen. Die neunte Kerze, der Schamasch ("Diener"), wird nur zum Entzünden verwendet. Für viele Juden steht Chanukka heute für Religionsfreiheit und den Mut, sich für die eigenen Überzeugungen einzusetzen. Möglichst viele Menschen sollen diese freudige Botschaft der Chanukkia sehen. Darum wird sie möglichst früh nach Sonnenuntergang entzündet und ins Fenster oder den Türeingang gestellt.
In Anlehnung an das Ölwunder essen Juden zu Chanukka traditionell frittierte Speisen wie Sufganiot (Berliner). Auch im Innenhof des Hundertwasserhauses wurden die „Ölspeise“ unter den Gästen ausgeteilt, um bei einer Tasse Kaffee ins Gespräch zu kommen. Fröhliches Chanukka!
(sus/katholisch.de, Foto: Sperling)