Kirche kann von allen Menschen lernen
Pontifikalamt zum Abschluss des ersten Tages der „pastorale!“
Die Besucher der ostdeutschen Ideenbörse "die pastorale!" staunten nicht schlecht, als zum Abschluss des ersten Tages beim Pontifikalamt in der Kathedrale St. Sebastian alle ostdeutschen (Erz-) Bischöfe und ein schwedischer Kardinal am Altar versammelt waren. Als gastgebender Bischof begrüßte Dr. Gerhard Feige Anders Kardinal Arborelius aus Stockholm und seine ostdeutschen Amtsbrüder Erzbischof Dr. Heiner Koch (Berlin), Bischof Heinrich Timmerevers (Dresden Meißen), Bischof Dr. Ulrich Neymeyr (Erfurt) und Bischof Wolfgang Ipolt (Görlitz). „Das ist wohl einmalig in dieser Zusammensetzung“, so Feige. „Ich freue mich, dass so eine große und vielfältige Gemeinschaft versammelt ist, um gemeinsam den Gottesdienst zu feiern.“
In seiner Predigt sagte Bischof Feige: „Zweifellos befinden wir uns als Kirche in einer Krise. Das ist schmerzhaft. Das macht Angst. Da gibt es nichts zu beschönigen. Verbindet sich damit nicht aber auch eine Chance, eine Gelegenheit zur Reinigung, eine Herausforderung zum Umdenken und zur Vertiefung des Glaubens?“ Er rief die Christen zur Offenheit auch für "ungewohnte Gotteserfahrungen" auf. Die Möglichkeit Gott zu begegnen biete sich überall, “auch mitten in unserer forciert säkularen und angeblich religionsresistenten Umgebung. Selbst diejenigen, die sich vielleicht als „gottlos glücklich“ verstehen und nichts vermissen, können für uns zu Anknüpfungspunkten und Offenbarungsmöglichkeiten Gottes werden", sagte er.
"Überall gibt es Menschen, die nicht nur dahin vegetieren wollen, sondern sich danach sehnen, mehr Sinn zu erfahren und erfüllter zu leben", betonte Feige. "Diese Menschen haben uns etwas zu sagen." Von ihnen könne die Kirche lernen, ihren Auftrag besser zu verstehen, "denn zu ihnen sind wir gesandt". Christen müssten bereit sein, "aufmerksam darauf zu lauschen, was unsere Zeitgenossen und Mitbürger wirklich bewegt", so der Bischof des Bistums Magdeburg. "Wir müssen erfahren, wo sie stehen und was sie brauchen, was ihre Sehnsucht ist und wo sie sich als gefährdet erleben."
Dabei dürfe nicht die Absicht bestimmend sein, "jemanden möglichst bald taufen oder verkirchlichen zu wollen", warnte Feige. "Nur so können wir Erfahrungen vom Reich Gottes ermöglichen, das weit über die Grenzen der Kirche hinausreicht."
In diesem Sinne gebe es bereits vieles, sagte Feige. Er nannte kirchliche Angebote wie Segnungen auch von Menschen, die keiner Kirche angehören, an Lebenswenden. "Ich denke aber auch an das Engagement so vieler für Flüchtlinge und Migranten, in der Hospizarbeit, in der Begleitung einsamer und kranker Mitbürger. Ich denke an nachbarschaftliche Begegnungen und an den Einsatz für Menschenwürde und gegen Extremismus", so der Bischof. Die "pastorale!" sei eine Gelegenheit, vieles davon kennenzulernen.
Bis zum Sonntag stehen rund 100 Workshops, Vorträge und Diskussionspodien um die Kathedrale Sankt Sebastian und das katholische Roncalli-Haus auf dem Programm. So gibt es Angebote zu Trauerbegleitung mit konfessionslosen Menschen oder Straßenexerzitien in der Fußgängerzone. Nicht zuletzt diskutieren alle ostdeutschen Bischöfe auf diversen Podien aktuelle Kirchenfragen. Neben den Bistümern gehören auch deren Caritasverbände und Akademien sowie die Wochenzeitung "Tag des Herrn" zu den Ausrichtern.
(sus/kna, Foto: Sperling)
Predigt von Bischof Dr. Gerhard Feige zum Download