Die schmerzliche Wahrheit von Frauen gemeinsam tragen
Kollekte der Frauenwallfahrt erreicht die Empfängerinnen
Zu zwei besonders herzlichen Begegnungen kam es in der vergangenen Woche in Ballenstedt und Dessau: Bettina Albrecht und Luzia Neubert, Referentinnen des Fachbereich Pastoral, trugen gemeinsam gleich zwei große Schecks unter dem Arm. Einen übergaben sie der Leiterin der Beratungsstelle für Opfer von sexueller und körperlicher Gewalt des Wildwasser e.V. Dessau., Michaela Böttcher, den anderen der Leiterin des Caritas Frauenhauses in Ballenstedt, Jolanta Richter. Sie kamen damit dem Auftrag von mehr als 500 Frauen des Bistums nach, die für diese beiden Institutionen gespendet hatten. Anlass dafür war das Frauenfest im Kloster Helfta – die 25. Frauenwallfahrt des Bistums Mitte Juni dieses Jahres.
Eine stattliche Kollekte von 2000,00 Euro trugen die Frauen zusammen und entschieden sich so zu einer großherzigen Geste, wie auch Albrecht betonte: „In diesen Schecks steckt weit mehr als der jeweils notierte Geldwert – die Spende der Frauen steht für deren Mitgefühl, für ihre Kraft und Zuversicht und ihr Vertrauen in das Leben. Auch das möge die Frauen der ausgewählten Projekte erreichen.“ Denn in Anlehnung an das diesjährige Thema des Frauenfestes „Die Wahrheit kann niemand verbrennen.“ verschließen sich die Frauen nicht vor einer auch schmerzlichen Wahrheit, dass noch immer vor allem Frauen Opfer körperlicher und sexueller Gewalt sind:
Fast jede siebente Frau in Deutschland ist von sexueller Gewalt betroffen. 13 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen haben seit dem 16. Lebensjahr strafrechtlich relevante Formen sexueller Gewalt erlebt. Das heißt Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung oder unterschiedliche Formen von sexueller Nötigung. Allerdings werden nur 5 Prozent der Sexualstraftaten angezeigt (Quelle: TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e. V.).
Das, so Michaela Böttcher von der Beratungsstelle Wildwasser e.V. in Dessau, sei auch ihre Erfahrung aus der Arbeit mit betroffenen Frauen. Weil die Täter zum familiären Umfeld gehören, löst ihre Anzeige den Zusammenbruch eines komplexen sozialen Gefüges aus. Eine kaum bis schwer auszuhaltende zusätzliche Schuldzuweisung für die Opfer. Zwar erhält der Wildwasser e.V. auch öffentliche Gelder, das Aufbringen des nötigen Eigenanteils indes ist eine jährliche Herausforderung, weil der Verein seine Beratungsangebote vor Ort, Präventionsprogramme in Schulen und die Arbeit der Selbsthilfegruppen für die betroffenen Frauen kostenfrei zur Verfügung stellt. So kommt die Spende gerade recht.
Im Ballenstedter Frauenhaus soll das Geld für die geplante Neugestaltung des Außengeländes, u.a. das Pflanzen von Bäumen genutzt werden. In Anlehnung an ein bekanntes Lied: „Komm bau ein Haus, das uns beschützt. Pflanz einen Baum, der Schatten wirft. Und beschreibe den Himmel, der uns blüht.“ ist das Frauenhaus vielen von häuslicher, sexualisierter Gewalt und existentieller Not betroffenen Frauen wieder erster sicherer Ort. Hier können bis zu neun Frauen aufgenommen werden, die durchschnittlich je nach persönlicher Situation zwischen 50 und 60 Tagen bleiben. Die Begleitung der Mitarbeiterinnen macht es ihnen möglich, ihre Ängste auszusprechen und hinter sich zu lassen, neue Perspektiven zu entwickeln und erste Schritte der Umsetzung zu wagen.
Dazu möge auch Gottes Wahrheit beitragen. Im Buch Jesaja (Jes 43,1-3) heißt es: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen. Denn ich bin der HERR, dein Gott."
(BA/Foto:Fachbereich Pastoral)