Wenn das Gepäck zu schwer wird
Ökumenischer Gottesdienst zum 30. Geburtstag der Bahnhofsmission Halle/Saale
„… bitte achten Sie auf Ihr Gepäck.“ Die Durchsage unterbricht kurz den ökumenischen Gottesdienst auf dem Bahnsteig Gleis 1 am Bahnhof Halle/Saale. Posaunenchor, mehr als einhundert Gäste, Bischof Friedrich Kramer, der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und sein katholischer Amtskollege Dr. Gerhard Feige sowie die Mitarbeitenden der Bahnhofsmission Halle feierten mit diesem Gottesdienst das 30jährige Jubiläum der Hilfe-Einrichtung.
Denn in einer Bahnhofsmission wird nicht so sehr auf das Reisegepäck, sondern vor allem auf die Reisenden geachtet und auf Menschen, für die ein warmer Raum, ein heißer Kaffee und ein freundliches Gespräch das Beste sind, was der Tag ihnen zu bieten hat. Über das Salz der Erde und das Licht der Welt predigten die Bischöfe gemeinsam und dankten vor allem den ehrenamtlich Engagierten.
„Ihr seid das Salz der Erde“, diese Aussage Jesu hat für Sie hier in Halle einen ganz eigenen Klang“, sagte Feige in seiner Predigt den Mitarbeitenden der Bahnhofsmission. „Salz, seit Alters her eines der bedeutendsten Gewürze, manchmal auch „weißes Gold“ genannt, spielte für die Gründung der Stadt Halle sowie für deren wirtschaftliche Entwicklung eine wichtige Rolle, wurde vor Ort gewonnen, gesiedet und verkauft. Und auch heute noch prägt das Salz die Kultur von Halle. Man muss Ihnen, deshalb wahrscheinlich auch nicht erst erklären, welche große Wertschätzung in der Formulierung „Salz der Erde“ steckt.“
Gemeint seien damit nicht jene, die anderen „die Suppe zu versalzen“ oder nur als bloße „Geschmacksverstärker“ in Erscheinung treten. „Solche Menschen sollen vielmehr ihrer Umgebung, der Gesellschaft und der Welt insgesamt Würze und Geschmack verleihen“, so der Bischof.
Das Salz der Erde seien viel mehr die, die sich mit den vermeintlich unveränderbaren Gesetzmäßigkeiten nicht zufriedengeben, sondern ihrer Trauer über Ungerechtigkeit und Hass Ausdruck verleihen. Es seien auch die, die sich auf die Seite derer stellen, die aus dem System herausfallen, die auf Hilfe angewiesen sind, die ein offenes Ohr und eine helfende Hand brauchen.
„Ohne groß Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sind Sie zur Stelle, wenn Hilfe benötigt wird, wenn das Gepäck zu schwer ist und die Treppen zu viele sind; wenn Ein- und Umstieg beschwerlich sind oder es an der nötigen Orientierung fehlt. Sie sind da, wenn sich Menschen unsicher fühlen und eine Begleitung benötigen. Als offene Anlaufstelle für alle Menschen im und am Bahnhof stehen Sie zur Verfügung, um zu hören, zu beraten und zu trösten, aber auch um in akuten Notsituationen wirksam zu helfen. Mit Ihrer Arbeit ermöglichen Sie es vielen Menschen, sich auf ihrer Reise etwas sicherer zu fühlen oder in ihrer Einsamkeit und Not ein wenig auftanken zu können“, würdigt der Bischof das Engagement der Leiterin Heike Müller und aller Haupt- und Ehrenamtlichen der Bahnhofsmission.
Bischof Friedrich Kramer ergänzte, dass in den 30 Jahren Tätigkeit über 500.000 Essen ausgeteilt und viele andere Dienste am Nächsten geleistet wurden und sie damit ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen sollten, sondern nach oben, um als Licht der Welt sichtbar zu sein.
„Die Bahnhofsmission in der Salzstadt Halle ist ein echter Leuchtturm!“ sagte Klaus-Dieter Kottnik, Bundesvorsitzender der Evangelischen Bahnhofsmission, der extra zu diesem Jubiläum angereist war.
(Diakonie Mitteldeutschland, sus; Foto: Sperling)