Das Kreuz gehört zum Leben
Karfreitagsliturgie mit Bischof Dr. Gerhard Feige in der Kathedrale St. Sebastian
Zur Karfreitagsliturgie in der Kathedrale St. Sebastian in Magdeburg hörten die Gläubigen die Johannes-Passion, gesungen von der Männerschola unter der Leitung von Kathedralmusiker Matthias Mück, im Gedenken an die Kreuzigung Jesu.
„Wie schön wäre es, wenn es kein Leid und keine Schmerzen gäbe“, begann Bischof Dr. Gerhard Feige seine Predigt an diesem Tag der Trauer. „Stattdessen aber werden wir manchmal davon fast erdrückt. Jede und jeder von uns weiß: Zum Leben gehört unweigerlich auch das Kreuz. Unsere Welt strotzt nicht nur von gesunden, erfolgreichen und glücklichen Menschen. Wir alle kennen dunkle Zeiten, hören von Hunger und Krieg, Vertreibung und Flucht, Unfällen und Katastrophen, erfahren selbst die Mühsal des Lebens, zurzeit besonders auch durch die Corona-Pandemie. Wir stoßen an Grenzen, werden mit Verlusten und Einsamkeit konfrontiert und gehen unweigerlich auf den Tod zu.“
Die Sinnhaftigkeit des Leids in der Welt wurde von vielen klugen Köpfen, Gläubigen wie Atheisten immer wieder hinterfragt. Eine eindeutige Antwort gäbe es nicht. „Weit wichtiger als jede Erklärung ist es aber“, so der Bischof, „jemanden zu haben, der einem dabei hilft und darin beisteht.“ Inmitten dieses menschlichen Dilemmas erschallt der Ruf „Ecce homo!“ Seht den Menschen! Seht diesen Jesus von Nazareth, der nach menschlich Maßstäben gescheitert ist und dennoch nicht vergessen wurde. „Was ein Mensch ist, zeigt sich nicht unbedingt im Glück, sondern eher in der Ohnmacht oder Erniedrigung. Ohne irdische Macht bleibt Jesus dennoch souverän; von den Freunden verlassen, sagt er sich doch nicht von ihnen los; obwohl er geschlagen, verspottet und verhöhnt wird, lässt er sich nicht zum Hass verleiten. Seine grenzenlose Liebe macht auch vor denen nicht Halt, die ihn dem Tod überliefern. Wir sehen den leidenden und gequälten Herrn, wir sehen aber auch seine verborgene Größe und Herrlichkeit. Wir sehen in ihm das wahre Bild des Menschen, das Ebenbild Gottes.“
Aus dem Schandzeichen des Kreuzes werde ein Sieges- und Hoffnungszeichen, da Gott selbst alles Leid der Welt auf sich nimmt und durch seinen Sohn Jesus Christus den Tod überwindet. Vieles bleibe nach wie vor bedrückend und schrecklich, so der Bischof, „ist dadurch aber – wie wir glauben – nicht mehr absolut sinnlos. In der Torheit des Kreuzes leuchtet uns die Liebe Gottes auf, können wir seine Macht und Weisheit erkennen und neue Kraft für unser Leben schöpfen.“
„Im Blick auf den am Kreuz erhöhten Herrn dürfen wir „gegen alle Hoffnung voll Hoffnung“ sein (vgl. Röm 4,18) und darauf vertrauen, dass uns nichts von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, scheiden kann. Diese Glaubensüberzeugung sollte uns dazu bewegen, sich mutig den Herausforderungen unserer Zeit zu stellen, noch intensiver um die Kraft zu bitten, in der Nachfolge Jesu nicht nachzulassen, und selbst anderen hilfreich beizustehen.“
(sus; Foto: Sperling)
Predigt von Bischof Dr. Gerhard Feige als pdf