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Gott ist anders als gedacht

Mozart-Messe zum 1. Weihnachtstag aus der Kathedrale St. Sebastian

Mit einer feierlichen Orchestermesse begeisterten Mitglieder der Magdeburger Philharmonie, die Solistinnen und Solisten, der Kathedralchor sowie Marie-Therese Finkler und Günter Schaumberger an den Trompeten unter der Leitung von Kathedralmusiker Matthias Mück mit Ausschnitten aus der Missa brevis in D- von Wolfgang Amadeus Mozart die Gottesdienstbesucher in der Kathedrale St. Sebastian in Magdeburg. Christus ist geboren, der Retter, der Heiland, „aber an was für einen Gott glauben Sie eigentlich?“ fragte Bischof Dr. Gerhard Feige in seiner Predigt am 1. Weihnachtstag.

„Wir glauben an einen Gott, der um unseretwillen Mensch geworden ist“, so der Bischof. „Gestärkt durch diese Botschaft könnten wir heute also als richtiger „Gottprotz“ auftreten. So hat einmal der Naturwissenschaftler, Philosoph und Schriftsteller Elias Canetti einen Menschen charakterisiert, dem nach eigener Aussage immer alles klar sei. Auf jede Frage finde der „Gottprotz“ eine klare Antwort in der Bibel – dem „Buch der Bücher“. Ein „Gottprotz“ habe keine Zweifel.“

Doch nach dem Hören des Evangeliums (Joh 1,1-18) könne der Bischof nicht behaupten, dass alles klar sei, weil vieles viel zu theoretisch, geheimnisvoll und kaum erfahrbar klinge. „Dabei ist es aber gerade das Anliegen des sogenannten Johannesprologs, Antwort darauf zu geben, wer Jesus ist, wie er und Gott zueinanderstehen und was das für uns Menschen und die ganze Welt bedeutet.“

„Als Christinnen und Christen sind wir davon überzeugt, dass Gott zugänglich, dass er erfahrbar und deshalb auch benennbar ist“, doch der Glaubende müsse diesen Zugang erst entdecken.

Gott habe sich vielfältig und vielerlei Weise schon lange vor der Geburt Jesu den Menschen offenbart. „Dass er aber dann in Jesus von Nazareth Gestalt angenommen hat, ist ein Spezifikum unseres christlichen Glaubens. Von Geburt an wuchs Jesus in der jüdischen Tradition auf, kannte deren heilige Schriften und Bräuche und sah sich zunächst nur zum Volk Israel gesandt. Ohne diese Verwurzlung und diesen Kontext wäre überhaupt nicht zu verstehen, was Kirche ist und worum es ihr geht. Auch wenn ihr Weg sich später von dem des alten Volkes Israel trennte und Christen sich in den vergangenen Jahrhunderten gegenüber den Juden in schrecklicher Weise mit schuldig gemacht haben, gehört die jüdische Religion doch nach wie vor zu ihrem Inneren, sind die Juden sogar – wie Papst Johannes Paul II. es ausgedrückt hat – „unsere bevorzugten“, ja „unsere älteren Brüder“. Angesichts dessen, aber vor allem auch um der Würde und Religionsfreiheit eines jeden Menschen willen, ist es nicht hinnehmbar, wenn heutzutage in unserer Gesellschaft wieder antisemitische Tendenzen um sich greifen. Dem ist entschieden entgegenzutreten.“

Was Offenbarung meine, so der Bischof, könnten wir von unserem alltäglichen Sprachgebrauch ableiten: „Wir sprechen davon, dass uns jemand etwas von sich offenbart hat, wenn diese Person eine bisher unbekannte Seite zeigt, die Maske fallen lässt, oder von einem bisher verborgenen Geheimnis erzählt. Damit kann sich die Möglichkeit eines tieferen Kennenlernens der anderen Person eröffnen. Gleichzeitig liefert sich diese Person aber auch aus, macht sich angreifbar und verletzbar.“

Auch wenn es sicherlich Menschen gäbe, die der festen Überzeugung seien, Gott ganz und gar zu kennen, und mit einer unverrückbaren Autorität kundtun, was Gott will und was nicht, wie Gott ist und wie nicht, bliebe er doch letztlich ein Geheimnis, das sich uns immer wieder entziehe.

„Auch auf dem Weg der Philosophie hat man sich vielfältig bemüht, denkerisch an Gott heranzukommen und aufzuzeigen, dass es nicht unvernünftig sein muss, an ihn zu glauben. Dabei gelangt man aber höchstens zur Erkenntnis eines Unbedingten und Absoluten, das man jedoch nicht mit einem persönlichen Namen, sondern nur mit abstrakten Begriffen benennen kann. Zu einem solchen Gott aber kann man nicht beten.“ Und doch gäbe es die Erfahrung, die der Jesuit Alfred Delp mit den Worten zum Ausdruck bringt: „Die Welt ist Gottes so voll. Aus allen Poren quillt er uns gleichsam entgegen.“

Manchmal seien es Fragen an bestimmten Punkten des Lebens, die auch zur Frage nach Gott führen können. „Und vielleicht sind es auch das Staunen über die Schönheit der Natur, die Kraft der Musik oder die Güte mancher Menschen, das die Frage nach dem Ursprung von alledem aufwirft. Solche Erfahrungen lassen uns Menschen ahnen, dass da mehr ist“, so Feige.

Wer sein Leben an ihm ausrichte, gewinne einen neuen Blick auf das Ganze der Wirklichkeit. Wer sich auf dieses Wort verlasse, erfährt sich als Sohn oder Tochter Gottes, als sein geliebtes Ebenbild, als liebender Mensch. Das sei die Botschaft von Weihnachten: „Gott ist anders als gedacht, ein unendliches Geheimnis und uns doch zutiefst zugetan. „Ich werde geliebt, also bin ich“, könnte eine beglückende Weihnachtserfahrung und -erkenntnis sein: nicht nur eventuell und zeitweise durch einzelne Menschen, sondern sogar und dauerhaft durch Gott. In diesem Sinn wünsche ich uns allen ein zu Herzen gehendes und hoffnungsvolles Fest.“

Predigt von Bischof Dr. Gerhard Feige zum Download

(sus; Fotos: Sperling)

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