Bei den Menschen sein
Pastoraltag zu dem Thema „Wozu Kirche?“
Zu dem Thema „Wozu Kirche? Von außen annähern, von innen vergewissern“, trafen sich die pastoralen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Bistums zum Pastoraltag in Magdeburg. Die katholische Kirche ist in dieser Zeit vielfach angefragt. Durch den Missbrauchsskandal ist sie schwer erschüttert und durch die Corona-Pandemie wird die Frage nach ihrer Relevanz stärker denn je gestellt. Wie kann da der christliche Glaube bei den Menschen ,,ankommen“?
In seiner Predigt griff Bischof Dr. Gerhard Feige das Thema aus: „Die Frage nach dem Sinn unseres Tuns, dem Sinn unseres Lebens ist eine zutiefst menschliche Frage. Meistens geht sie in der Geschäftigkeit des Alltags unter, schieben wir sie beiseite und machen einfach weiter. Eigentlich ist es aber wichtig, dass wir uns ihr bewusst stellen und möglichst auch nach einer Antwort suchen. Oftmals sind es Erschütterungen, die alles in Frage stellen, die uns zwingen, tiefer nachzudenken. In einer solchen Krise befindet sich zweifellos derzeit auch die Kirche. Auch hier ist es - neben der Beschäftigung mit strukturellen Aspekten - meiner Meinung nach nötig, sich mit der Frage auseinanderzusetzen: Wozu ist die Kirche da? Was ist ihre Aufgabe? Diesen Prozess der Selbstvergewisserung hat die Kirche in Deutschland mit dem Synodalen Weg begonnen.“
Wenn man auf die 2000jährige Geschichte der Kirche zurückblicke, der Bischof in Anlehnung Kardinal Dulles, so zeigten sich vielfältige Möglichkeiten. „Kirche als mystische Gemeinschaft, Kirche als Institution, Kirche als Sakrament, Kirche als Botin oder Verkünderin und Kirche als Dienerin. Für eine Kirche, die sich als mystische Gemeinschaft versteht, liegt ihr „Wozu" darin, die Menschen zur Gemeinschaft mit Gott zu führen. Demgegenüber richtet eine Kirche, die sich vor allem als Institution versteht, ihren Blick auf sich selbst. Als Sakrament ist die Zweckursache von Kirche, Gottes Handeln erfahrbar zu machen und die Menschen durch die Verbindung mit ihm zu stärken. In ihrem Verständnis als Botin oder Verkünderin richtet die Kirche alles an der Verkündigung des Evangeliums aus. Als Dienerin ist ihr ,,Wozu" ganz bei den Menschen zu sein.“
Bischof Wanke habe es einmal so ins Wort gebracht: „Je weniger die Kirche nach sich selbst fragt, desto mehr ist sie gefragt. Je ohnmächtiger die Kirche ist, desto mächtiger ist ihre Überzeugungskraft vor der Welt. Je ärmer sie mit Christus ist, desto glanzvoller leuchtet ihr eigentlicher Reichtum auf. Je mehr in der Kirche, d. h. in uns, die nachgehende dienende Liebe des Herrn erkannt wird, desto mehr öffnen sich die Herzen der Menschen für das Evangelium Jesu Christi." „Nehmen wir diese offene Haltung mit in den Tag und in die Suche nach einer Antwort auf die Frage „Wozu Kirche?" in den Herausforderungen unserer Zeit“, so der Bischof.
Nach Videoeinspielungen von Journalisten, Künstlern, Politikern, Wissenschaftlern und aus der Nachbarschaft, war klar, dass Kirche derzeit unter den Skandalen leidet, aber ihre Relevanz, gerade dann wenn konkret wird, wie in Schule, Caritas oder vor Ort in den Gemeinden, dann wird Kirche als wichtig eingestuft.
Der Fundamentaltheologe Prof. Dr. Michael Gabel betrachte die Frage „Wozu Kirche“ als ekklesiologische Vergewisserung. Er beantwortet die Frage Wozu Kirche? so: „Kirche ist in die bleibende Vergegenwärtigung des Offenbarungsgeschehens Gottes eingebunden. Entscheidend für die Offenbarung der Zuwendung Gottes zu den Menschen ist die Menschwerdung Gottes im Gottmenschen Jesus Christus. Sie ist die reale Gegenwart Gottes unter den Menschen und nicht nur eine Nachricht über diese Gegenwart. Gottesnähe wird auf viele Weisen erlebt: in der Natur, in der Geschichte mit der Begegnung heiligmäßiger Männer und Frauen, im Staunen, in der Erfahrung von Vergebung, in der Liebe. Dieses „auf vielerlei Weise" wird jedoch wie in einem Quantensprung überstiegen durch die tatsächliche Begegnung mit Gott „ein für alle Mal" in Jesus Christus. Weil er wahrer Gott und wahrer Mensch ist, ist er der einzige Mittler, der „solus Christus". Sein Gekommensein in der Zeit scheint die Einzigkeit der Mittlerschaft zu relativieren.“
Für Gabel ist es aber auch wichtig, dass Kirche Begegnungsfähig wird. Dazu brauche es vor allem Empathie und Offenheit, auf Menschen zuzugehen. „Die Liebe Gottes ist bereits bei allen Menschen“, ob sie religiös seien oder nicht. „Wir können in der Begegnung mit den Menschen lernen und erkennen, wo die Liebe Gottes sich überall zeigen kann.“
(sus; Foto: Sperling)