Stärker mit einer Stimme sprechen
Die Ökumene war durchgehendes Thema beim Katholikentag in Stuttgart
Die Ökumene bildete beim Katholikentag in Stuttgart ein durchgehendes Thema - bis hin zum Schlussgottesdienst mit dem ökumenischen Leitwort „Sie sollten alle eins sein - damit die Welt erkennt!“ Rund 150 Einträge - etwa zehn Prozent aller Einzelveranstaltungen beschäftigten sich mit dem Thema Ökumene, darunter auch zahlreiche Gottesdienste, Podien, Werkstätten, Cafés, Gespräche, Kulturveranstaltungen. Im Ökumeneteil der „Kirchenmeile“ präsentieren sich diverse ökumenische und konfessionelle Organisationen und Einrichtungen. Mit einem „Versuchslabor Ökumene“ waren das Bistum Magdeburg gemeinsam mit dem Bistum Erfurt und der Evangelischen Landeskirche Mitteldeutschland sowie der evangelischen Landeskirche Anhalt auf dem Kirchentag vertreten.
Ein Großes Podium widmete sich dem Thema „Ressource Ökumene - Kirchen vor Ort finden zueinander“: Es diskutierten „Ökumene-Bischof“ Dr. Gerhard Feige, die Präsidentin des 3. Ökumenischen Kirchentags, Bettina Limperg, die Düsseldorfer Oberkirchenrätin Barbara Rudolph, die katholische Theologin Dorothea Sattler (Münster), der griechisch-orthodoxe Vikarbischof Emmanuel Sfiatkos (Berlin) sowie der Freikirchliche Referent der ACK, Jochen Wagner. In seinem Impuls sagte Bischof Feige: „Nicht das gemeinsame Handeln ist begründungspflichtig, sondern das getrennte Handeln bedarf der Begründung. Dementsprechend heißt es in der Charta Oecumenica , die die Kirchen in Europa 2001 als Leitlinien für die wachsende Zusammenarbeit vereinbart haben und die sich die in der ACJK in Deutschland vertretenen Kirchen auf dem 1. Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin zu Eigen gemacht haben, auch: „Wir verpflichten uns, auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens gemeinsam zu handeln, wo die Voraussetzungen dafür gegeben sind und nicht Gründe des Glaubens oder größere Zweckmäßigkeit dem entgegenstehen.“ Freilich bedarf es für dieses Miteinander auch der Übung. Es wird leichter fallen, wenn es nicht als Mehrarbeit und zusätzliche Belastung, sondern vielmehr als selbstverständliche Lebensäußerung der Kirche empfunden wird und neben gemeinsamen Aktivitäten arbeitsteilige und stellvertretende Handlungsmöglichkeiten in den Blick kommen.“ Der, wie er es nannte, geborene Ökumeniker, der griechisch-orthodoxe Vikarbischof Emmanuel sagte: „Unsere Ressourcen sind die Gemeinsamkeiten. Wir müssen Vertrauen haben, mutig sein und auf Gottes Stimme hören.“
Bischof Feige war auch an einem Podium zum Thema „Warum noch Ökumene? Die Suche nach Einheit in postkonfessioneller Zeit“ beteiligt und traf dort u.a. auf den Catholica-Beauftragten der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Karl-Hinrich Manzke, der zu Beginn seines Vortrags zurückfragte: „Wer fragt denn so was?“ Menschen, denen die Ökumene eine Herzensangelegenheit sei und auch Menschen des öffentlichen Leben, die sich eine einheitlichere Stimme der Kirchen wünschten. Seine Hoffnung auf eine stärkere Ökumene zieht Manzke aus weniger Geld und weniger Personal. „Dieser Mangel kann uns antreiben, stärker miteinender zu arbeiten.“
„In der Ökumene bauen wir an der Kirche von morgen“, so Bischof Feige in seinem Impuls. „Die Ökumene steht im Dienst an der Einheit der ganzen Menschheit. Wenn wir als Christen mit Gott und untereinander im Frieden sind, können wir die christliche Friedensbotschaft umso glaubwürdiger verkünden. Angesichts aktueller Entwicklungen einer zunehmenden Individualisierung und Polarisierung mit den Gefahren von gesellschaftlicher Zersplitterung und Spaltung müssen wir uns als Christen fragen: Schaffen wir es, nicht selbst an diesen Entwicklungen zu partizipieren oder sie vielleicht gar zu verstärken? Wenn wir den Krieg in der Ukraine verurteilen und seine religiöse Legitimierung durch Patriarch Kyrill zurückweisen, müssen wir uns zugleich fragen und fragen lassen, ob wir genug für eine Versöhnung der Völker, Kulturen und Religionen und damit für den Frieden getan haben und tun. Unbestreitbar ist, dass die Kirchen in der Gesellschaft besser wahrgenommen werden, wenn sie mit einer Stimme sprechen.“ Wenn es gelänge, Modelle zu entwickeln und umzusetzen, wie die Kirchen in Konfliktsituationen miteinander umgehen, könnte auch dies eine Strahlkraft über den kirchlichen Raum in die Welt hinein entfalten.
Beide Bischöfe eilten dann zu dem zentralen Ökumenischen Gottesdienst, der unter dem Thema stand „Er ist unser Friede“ (Eph 2,14) und von Bischof Feige, Landesbischof Manzke und Emmanuel Sfiatkos, Vikarbischof der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland geleitet wurde. Erstmals hat bei einem ökumenischen Gottesdienst aus Anlass eines Katholikentages ein Vertreter der Neuapostolischen Kirche (NAK) mitgewirkt. Der Stuttgarter Apostel Thomas Loy beteiligte sich an der Liturgie des zentralen ökumenischen Gottesdienstes in der voll besetzten Stuttgarter Stiftskirche.
Im Gottesdienst riefen Vertreter der christlichen Ökumene die Katholikentagsbesucher zu mehr gelebter Einheit zwischen den Konfessionen auf. Der Bischof Feige sagte, das Bild von der Kirche als einem Leib entspreche nicht der konkreten Erfahrung der Menschen. „Es ist und bleibt aber unsere Aufgabe, die Einheit zu gestalten und sichtbar werden zu lassen, indem wir das Verbindende suchen und stärken.“ Der griechisch-orthodoxe Vikarbischof Emmanuel erinnerte daran, dass der gemeinsame Glaube an den Auferstandenen die Christen verbinde. Dieser Glaube müsse weitergegeben werden. „Unsere Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.“ Der Landesbischof von Schaumburg-Lippe und Catholica-Beauftragte der VELKD, Karl-Hinrich Manzke, sagte, die Hoffnungsbotschaft der Kirchen sei in der Gesellschaft gefragt. Es sei eine wichtige Aufgabe, diese weiterzugeben. Die evangelisch-methodistische Superintendentin Dorothea Lorenz forderte die Christen auf, durch das Band des Friedens an der Einheit der Kirchen mitzuwirken.
„Auf dem Weg zur Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen“ in Karlsruhe stand ein Wortgottesdienst in der St. Elisabeth-Kirche unter dem Motto „Feiern mit der weltweiten Ökumene“ mit Bischof Feige, der Vorsitzenden des ÖRK-Zentralausschusses, Agnes Abuom und der EKD-Vizeratsvorsitzenden Kirsten Fehrs.
Statement Bischof Feige "Ressource Ökumene"
Statement Bischof Feige "Warum noch Ökumene"
Bischof Feige Zentraler Ökumenischer Gottesdienst: Einleitung | Impuls
(kna, sus; Foto: Sperling)